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Telugu ist eine der 23 offiziellen Sprachen, die in der Verfassung Indiens als solche festgehalten sind.
Die Verfassung wurde 1950 fertig verfasst und ratifiziert – fast drei Jahre, nachdem die englische Krone die Herrschaft über den indischen Subkontinent aufgegeben hatte und der ursprünglichen Bevölkerung wieder zur Selbstverwaltung überlassen hatte. Am 26. Januar 1950 wurden Englisch und Hindi zu den Amtssprachen der indischen Regierung ernannt.
Allerdings wurde festgelegt, dass jeder Bundesstaat Indiens selbst entscheiden darf, welche der offiziellen Sprachen, die im Verfassungsteil Eight Schedule of the Constitution festgelegt sind, als Amtssprache(n) im jeweiligen Staatsgebiet genutzt werden soll.
Das hat auch seine Rechtfertigung, den es gibt in Indien mehr als 122 Sprachen, die jeweils von mindestens 10.000 Menschen und 30 Sprachen, die jeweils von mindestens 1 Mio. Menschen gesprochen werden. So konnten die Bundesstaaten also selbst entscheiden, welche Sprache(n) am sinnvollsten für die Bevölkerung in ihrem Staat ist/sind. Viele indische Bundesstaaten und Territorien wählten mehrere Sprachen als Amtssprachen, einfach weil ihre Bevölkerung auch mehrsprachig ist.
In Mumbai ist zum Beispiel ist Marathi die wichtigste Sprache, im Norden Indiens ist Urdu weiter verbreitet und im Osten Indiens findet man Tamilisch in besonderem Maße vor.
Erst vor einigen Jahren, im Jahr 2014, gab es in Indien eine Verfassungsänderung, die dazu führte, dass es nun 29 indische Bundesstaaten gibt. Dies geschah, indem der neue Staat, Telangana, vom Territorium des Bundesstaates Andhra Pradesh abgespalten wurde. Einer der Gründe waren Auseinandersetzungen in der Bevölkerung, u.a. bezüglich der Muttersprache. Telugu wurde sodann zur Amtssprache von Telangana.
Wusstest Du, dass Englisch und Hindi zu den offiziellen Sprachen der indischen Regierung gehören? Welche Rolle Englisch in Indien spielt, erfährst Du hier!
Die Ursprünge und Geschichte von Telugu

Im Gegensatz zu Hindi, das zu den Indoarischen Sprachen innerhalb der Indogermanischen Sprachfamilie gehört, wird Telugu zu den Dravidischen Sprachen gezählt. Manche Wissenschaftler sind der Meinung, dass die Dravidischen Sprachen in Indien entstanden sind, während andere der Meinung sind, dass sie vor rund 3.000-4.000 Jahren durch Migranten nach Indien gebracht wurden. Doch auch wenn nicht sicher ist, wo sie herkommen, heutzutage werden die Dravidischen Sprachen, einschließlich Telugu, vor allem im Süden und Südosten Indiens gesprochen.
Die ältesten Schriftzeugnisse der Telugu-Sprache stammen aus der gleichen Zeit wie die damals weiter verbreitete Vernakularsprache Sanskrit. Das älteste Schriftstück in Telugu ist das Wort nagabu: Archäologen schätzen, dass die entsprechende Inschrift aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. stammt.
Telugu wurde lange Zeit als Nebensprache zu Sanskrit verwendet, doch die Inschriften auf der Rückseite von Münzen waren oft in Telugu oder Tamil, während die Vorderseite oft in Prakrit geprägt war (= eine Gruppe mittelindischer Sprachen bzw. Dialekte, die früher in Indien gesprochen wurden).
Die ersten schriftlichen Zeugnisse der Telugu-Sprache wurden in der Region Rayalaseema im Bundesstaat Andhra Pradesh gefunden. Es wird davon ausgegangen, dass die lokale Herrscherdynastie, die Renati Cholas (auch Telugu Cholas of Renadu genannt), entschieden, dass Telugu in offiziellen Kontexten statt dem vorherrschenden Sanskrit verwendet werden sollte.
Während der Zeit des Königreichs Vijayanagar, das im Süden Indiens vom 14. bis 17. Jahrhundert existierte, konnte Telugu weiter aufblühen. Es war die bevorzugte Sprache bei Hofe, auch wenn Kannada auch im gesamten Königreich verbreitet war. Unter dem Einfluss des Patronats des Königs Krishnadeva Raya (Krishna Deva) wurde Telugu außerdem zu einer weit verbreiteten und beliebten Literatursprache.
Jedoch unterlag das Vijayanagar-Königreich den wiederholten Angriffen der Dekkan-Sultanate aus dem Norden. Der Untergang des Reiches war besiegelt, als der Großteil der ehemaligen königlichen Provinzen die Unabhängigkeit erklärt hatte und zu Fürstenstaaten wurde.

Die Sprache Telugu überlebte trotzdem. Während der Hoch-Zeit des Sultanats von Delhi (1206-1526) begann Telugu, auch vom Persischen und Arabischen beeinflusst zu werden. Diese hatten in der islamischen Welt eine wichtige Stellung inne. Etwas später, zu Zeiten des Mogulreichs in Indien, wurde dieser Einfluss noch stärker.
Während der Kolonialzeit bemerkte ein italienischer Händler und Entdecker, Niccolò di Conti, dass Telugu und Italienisch sich ähnelten, insbesondere, was die die Endung von Wörtern auf Vokale angeht. Er prägte als Erster den Spitznamen "Italienisch des Ostens" für Telugu. Wobei, wenn es nach Historikern und Telugu-Sprechern ginge, wäre es wohl akkurater, Italienisch als das "Telugu des Westens" zu bezeichnen.
Unter der britischen Herrschaft während des 19. und 20. Jahrhunderts wurde Telugu – wie so viele indische Sprachen – außerdem vom Englischen beeinflusst.
In den 1930er-Jahren gab es von Telugu noch zwei verschiedene Formen: eine literarische/elitäre Form und eine sich davon stark unterscheidende, mündlichere Form. Doch im Gegensatz zu der bengalischen Sprache setzte sich bei Telugu die förmlichere Form durch. Nur diese wurde in den Schulen unterrichtet und ist heute die einzige Form von Telugu – und zwar im Schriftlichen wie auch im Mündlichen.
Aufgrund der Tatsache, dass Telugu eine der ältesten Sprachen Indiens ist (historische Belege von Telugu reichen bis ins 4./5. Jahrhundert v. Chr. zurück), wurde sie von der indischen Regierung, neben fünf anderen indischen Sprachen, auf die Liste der Klassischen Sprachen Indiens aufgenommen.
Die Telugu-Dialekte in Indien
In Indien liegt Telugu nach Hindi, Bengalisch und der Marathi Sprache auf dem vierten Platz der Sprachen mit den meisten Muttersprachlern. Mehr als 80 Mio. Menschen sprechen es als Muttersprache, was einem Bevölkerungsanteil von 6,7 % entspricht.

Telugu ist in den Bundesstaaten Andhra Pradesh und Telangana sowie dem Unionsterritorium Puducherry Amtssprache. Aufgrund unterschiedlicher Migrationsströme gibt es aber auch in anderen Regionen Indiens Telugu-Sprecher: in Tamil Nadu, Karnataka, Maharashtra, Odisha, Chhattisgarh, in Teilen von Jharkhand sowie der Region Kharagpur in Westbengalen. Auch auf dem Territorium der Andamanen und Nikobaren wird Telugu verwendet.
Linguisten teilen Telugu in drei Hauptdialekte bzw. -varietäten ein:
- Andhra Telugu wird vor allem in der Küstenregion des Bundesstaats Andhra Pradesh gesprochen.
- Rayalaseema Telugu hört man in den vier Distrikten der gleichnamigen Region (Rayalaseema) im Staat Andhra Pradesh.
- Telangana Telugu wird im Bundesstaat Telangana gesprochen.
Der Bundesstaat Telangana wurde 2014 gegründet, nachdem es über vier Jahrzehnte lang immer wieder zu politischen Unruhen und Parlamentsverhandlungen kam. Schließlich wurde er offiziell vom Bundesstaat Andhra Pradesh getrennt, wobei Hyderabad bis 2025 die gemeinsame Hauptstadt bleiben wird. Einer der größten Unterschiede zwischen den beiden Staaten ist die Sprache: Telangana Telugu ist viel stärker von Urdu beeinflusst als Andhra Telugu.
Abgesehen von diesen drei Hauptdialekten gibt es noch viele weitere, die über Indien verteilt anzutreffen sind, z.B.: Berad, Dasari, Dommara, Golari, Kamathi, Komtao, Konda-Reddi, Salewari, Vadaga, Srikakula, Vishakhapatnam, East Godavari, Rayalseema, Nellore, Guntur, Vadari und Yanadi.
Manche Adivasi (indigene Bevölkerungsgruppen auf dem indischen Subkontinent) sprechen ebenfalls Sprachen und Dialekte, die eng mit Telugu verwandt sind, z.B. die Chenchu, ein Stamm von Jägern und Sammlern, die in Andhra Pradesh, Telangana, Karnataka und Odisha zu Hause sind, sprechen Chenchukulam.
In Karnakatta sprechen die 4 Mio. Telugu-Muttersprachler meist eine Form, die stark von der Kannada-Sprache beeinflusst wurde und sich etwas von der Andhra-Form unterscheidet. Im Staat Tamil Nadu, in dem 3,5 Mio. Telugu-Sprecher leben, haben Sprachwissenschaftler nicht weniger als fünf verschiedene Telugu-Dialekte ausmachen können: Hosur, Salem, Coimbatore, Vellore, Tiruvannamalai und Madras Telugu.
Das Telugu-Alphabet
Die Telugu-Schrift entwickelte sich aus dem Brahmischen Schriftsystem vor ca. 1.500 Jahren. Diese Schrift ist ein Abugida-Schriftsystem, das aus 18 Zeichen für Vokale (kurze und lange Vokale) sowie 35 Zeichen für Konsonanten besteht.
Jeder Vokal hat zwei Formen: Die erste wird verwendet, wenn der Vokal am Anfang eines Wortes steht oder ein Wort nur aus Vokalen besteht, die zweite Form wird verwendet, wenn der Vokal bei einem Konsonanten steht und so eine Vokal-Konsonanten-Silbe bildet.
Zusätzlich zu den 53 Schriftzeichen für Vokale und Konsonanten hat Telugu noch vier weitere Zeichen, die die Aussprache einer Silbe oder Betonung des Worts verändern: అం / అఁ / అః / క్.
Die Zahlen von 1 bis 9 auf Telugu:
0 ist ౦ = sunna
1 ist ౧ = okaṭi
2 ist ౨ = renḍu
3 ist ౩ = mūḍu
4 ist ౪ = nālugu
5 ist ౫ = aidu
6 ist ౬ = āru
7 ist ౭ = ēḍu
8 ist ౮ = enimidi
9 ist ౯ = tommidi

Telugu außerhalb Indiens
Kleine Minderheiten an Telugu-Sprechern (oder verwandten Sprachen und Dialekten) findet man ebenfalls in Pakistan, Afghanistan, Nepal, Bangladesch, Bhutan, Malaysia, Indonesien und Singapur. Telugu ist außerdem die Sprache des fahrenden Volkes Ahikuntaka aus Sri Lanka.
Des Weiteren gibt es Telugu-Sprecher in Australien, Neuseeland, Bahrain, Kanada (Toronto), Fidschi, Mauritius, Myanmar, Italien, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Deutschland, Irland, dem Vereinigten Königreich, Südafrika, Trinidad und Tobago und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Doch die wichtigste Telugu-Community außerhalb Indiens lebt in den Vereinigten Staaten und umfasst mehr als 800.000 Sprecher. In Jersey City (NJ) hat sich sogar ein kleines indisches Viertel aus hauptsächlich Telugu-Sprechern gebildet, das auch Little Andhra genannt wird.
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