In der indischen Verfassung sind 22 indische Sprachen wie der Bengalische Dialekt und Englisch als offizielle Amtssprachen anerkannt. Indien ist nicht nur ein sehr großes und vielfältiges Land, sondern wurde über die Jahrhunderte auch von vielen anderen Kulturkreisen beeinflusst und entscheidend geprägt.
Marathi, eine der ältesten und bedeutendsten Sprachen Indiens, wird von über 80 Millionen Menschen gesprochen und ist tief in der Kultur des Bundesstaates Maharashtra verwurzelt. Mit einer Geschichte, die mehr als 1.000 Jahre zurückreicht, spielt Marathi eine zentrale Rolle in Literatur, Kunst und Alltag.
Wir möchten uns die indische Sprache Marathi etwas genauer ansehen und zeigen Dir die Ursprünge, Besonderheiten und die kulturelle Bedeutung der Marathi-Sprache im modernen Indien.
Die Wurzeln und Geschichte von Marathi
Marathi gehört zu den ältesten Regionalsprachen Indiens und hat eine beeindruckende Geschichte, die mehr als tausend Jahre zurückreicht. Als indoarische Sprache hat sie ihre Wurzeln im Prakrit, einer alten Volkssprache, die während der Zeit des antiken Indien weit verbreitet war.
Wie viele andere Sprachen Indiens existierte es parallel zu anderen indischen Amtssprachen und Dialekten.
Eine indoarische Sprache gehört zu einer Untergruppe der indogermanischen Sprachfamilie, die vor allem in Südasien verbreitet ist. Sie entwickelte sich aus dem Altindischen, insbesondere dem Vedic Sanskrit, das vor über 3.000 Jahren in der Region gesprochen wurde.
Wurzeln der Sprache
Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich Marathi aus Maharashtri Prakrit, das einst in weiten Teilen West- und Zentralindiens gesprochen wurde.
Der erste schriftliche Nachweis von Marathi stammt aus dem 3. Jahrhundert. Damals tauchten Marathi-Inschriften in Höhlentempeln und auf Kupferplatten auf, die vor allem religiöse und administrative Inhalte hatten. Es handelt sich dabei um eine Steininschrift, die in einer Höhle nahe der Stadt Pune entdeckt wurde.

Ein Komitee, das von der Regierung des Bundesstaats Maharashtra damit beauftragt wurde, Marathi auf die Liste der Klassischen Sprachen Indiens zu bringen, verwendete diese Inschrift als Beweis einer langen Geschichte der Marathi-Sprache: Das würde ein Alter von rund 2.300 Jahren bedeuten!
Ganz so alt ist das Indisch-Englisch als Sprache nicht.
Besonders interessant: Marathi war von Beginn an eine Sprache des Volkes, die in Alltag und Verwaltung eine Rolle spielte. Das machte sie nahbar und lebendig, im Gegensatz zu Sanskrit, das oft den Gelehrten und Priestern vorbehalten blieb.
Geschichtliche Entwicklung
Linguisten sind der Meinung, dass Marathi sich um das 8. Jahrhundert n. Chr. aus der Vorsprache Maharashtri entwickelte und das älteste Schriftzeugnis, das rein in Marathi (nicht Maharashtri) verfasst ist (Steininschrift), wird ca. auf das Jahr 1012 n. Chr. geschätzt.
Ein entscheidender Meilenstein in der Geschichte Marathis war die Blütezeit der Bhakti-Bewegung zwischen dem 13. und 17. Jahrhundert. Spirituelle Dichter wie Sant Dnyaneshwar, Tukaram und Namdev verfassten Gedichte und Lieder auf Marathi, die nicht nur spirituelle Themen behandelten, sondern die Sprache auch einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich machten.
Während der Herrschaft der Seuna-Dynastie wurde die Sprache über den Gebrauch bei Hofe populär gemacht, um die Marathi-Bevölkerung zu einen. In dieser Zeit wurden viele Verse und Prosatexte zu verschiedenen Themen von Astrologie über Medizin und Religion auf Marathi verfasst.
Die spätere Zeit der Marathen im 17. und 18. Jahrhundert, unter Anführern wie Chhatrapati Shivaji, stärkte die Stellung der Sprache weiter. Marathi wurde zur offiziellen Sprache der Verwaltung und prägte die Identität der Region Maharashtra nachhaltig.
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Viele sprachliche Einflüsse
Im Laufe der Jahrhunderte hat sich Marathi stetig weiterentwickelt und neue Einflüsse aufgenommen – von Persisch und Arabisch während der Sultanatszeit bis hin zu Englisch in der Kolonialzeit. Diese Anpassungsfähigkeit zeigt sich auch heute noch in der Vielfalt des modernen Marathi, das sowohl in Literatur, Medien als auch im Alltag lebendig bleibt.

Unter der Herrschaft der muslimischen Dekkan-Sultanate wurde Marathi in Gebieten unter der Kontrolle der Sultane Ahmadnagar, Bidar und Bijapur als Lingua franca verwendet:
- Die gesprochene Sprache blieb mehr oder weniger gleich.
- Über die geschriebene Form, die sehr stark vom Persischen geprägt war, fanden viele persische und arabische Wörter ihren Weg ins Marathi, das vorher hauptsächlich Vokabeln aus dem Sanskrit entlehnt hatte.
Währen der britischen Herrschaft in Indien im 18. Jahrhundert wurden von englischer Seite viele Anstrengungen unternommen, Marathi zu standardisieren. Die ersten in Marathi gedruckten Bücher waren übrigens Übersetzungen der Bibel.
Captain James Thomas Molesworth und Major Thomas Candy, die beide in der Armee der British East India Company dienten, waren die Hauptautoren eines umfangreichen Englisch-Marathi-Wörterbuchs, das erstmals 1831 veröffentlicht wurde. Dieses Wörterbuch wird bis zum heutigen Tag, also zwei Jahrhunderte später, verlegt!
Nach Indiens Unabhängigkeit im Jahr 1947 gewährte die drei Jahre später ratifizierte Verfassung Marathi den Status als eine der offiziellen Sprachen Indiens.
Im Vergleich hat Tamilisch als indische Sprache andere Einflüsse.
Verbreitung der Sprache
Die Sprache wird vor allem an der Westküste Indiens gesprochen. Marathi wird vorwiegend in zwei Bundesstaaten gesprochen:
Goa
Maharashtra
Damit ist es die offizielle Sprache von Mumbai. Obwohl Marathi nicht die Amtssprache des Staates Goa ist, kann jedes offizielle Geschäft dort auch auf Marathi geführt werden. Außerdem spricht man die Mumbai Sprache in folgenden Regionen:
- Daman
- Dio
- Dadra
- Nagar Haveli
Als eine der ältesten indoarischen Sprachen in Indien und weil es die Amtssprache des Reichs der Marathen war, verbreitete sich Marathi weit über seinen Ursprungsort hinaus aus und zählt heutzutage rund 83 Mio. Muttersprachler. Damit ist es unter den meistgesprochenen Sprachen in Indien auf dem dritten Platz (nach Hindi und Bengalisch).

Die heutzutage verwendete Standardform von Marathi entspricht der Version, die von der hinduistischen Maharashtrian Chitpavan Brahmin community gesprochen wird. Diese lebt insbesondere in Pune, der ehemaligen Hauptstadt des Reichs der Marathen.
Die verschiedenen Marathi-Dialekte in Indien
Sprachwissenschaftler, die sich mit indoarischen Sprachen auseinandersetzen, haben 42 verschiedene Marathi-Dialekte bzw. -Varietäten auf dem indischen Subkontinent ausmachen können.
Es gibt zwar ein Standard-Marathi, das in der Bildung und den Medien verwendet wird, doch haben sich trotzdem drei Hauptvarietäten herausgebildet:
Zadi Boli
Südindisches Marathi
Vaidarbhi-Dialekt
Und wo werden die Dialekte gesprochen?
- Zadi Boli: wird in der abgelegenen, östlichen Waldregion Zadipranta sowie in Marahashtra, Vidarbha und Gondwana gesprochen.
- Südindisches Marathi: umfasst insbesondere Thanjavur Marathi, Namadeva Shimpi Marathi, Arey Marathi und Bhavsar Marathi. All diese Dialekte haben Merkmale der Marathi-Form des 17. Jahrhunderts beibehalten. Diese Varietät wurde von den Maharashtra-Migranten gesprochen und wurde auch von den lokalen dravidischen Sprachen beeinflusst. Sie werden vor allem in den Bundesstaaten Tamil Nadu, Andhra Pradesh und Karnataka gesprochen.
- Vaidarbhi-Dialekt: wird hauptsächlich in der Region Vidarbha im Westen von Maharashtra gesprochen. Die Hauptunterschiede zum Standrad-Marathi finden sich in phonetischen Verschiebungen.
Die größten Unterschiede finden sich im phonologischen Bereich (unterschiedliche Aussprache und Betonung). Es gibt zwar auch einzelne Vokabelvariationen, aber im Allgemeinen sind die verschiedenen Dialekte gegenseitig gut verständlich.
Obwohl es auf eine lange Geschichte zurückblicken kann und auch als literarische Sprache verwendet wurde und wird, ist Marathi bisher noch nicht auf die Liste der Klassischen Indischen Sprachen aufgenommen worden.
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Besonderheiten der Marathi Schreibweise
Die Marathi Sprache wird in zwei verschiedenen Schriften geschrieben. Dies solltest Du beim Lernen unbedingt beachten!
Balbodh Alphabet (Devanagari)
Heutzutage wird Marathi normalerweise in der Balbodh-Schrift geschrieben. Der Name kommt vom Wort bāḷabōdha, was so viel bedeutet wie "von Kindern zu verstehen".

Das Schriftsystem ähnelt dem Devanagari-Alphabet (das für Hindi benutzt wird) extrem, unterscheidet sich allerdings in einigen wenigen Punkten der Aussprache und verwendet auch zwei zusätzliche Zeichen:
- Das Zeichen ळ oder ɭ , das "stimmhafter lateraler retroflexer Approximant" genannt wird.
- Das Zeichen र् , das "eyelash reph" oder "raphar" genannt wird.
Diese beiden Zeichen verändern insbesondere die Aussprache von Wörtern auf Marathi.
Die Balbodh-Schrift wird von links nach rechts geschrieben und umfasst 36 Zeichen für Konsonanten und 16 Zeichen für Vokale. Im Gegensatz zu anderen indischen Sprachen, die im Devanagari-Alphabet geschrieben werden, verwendet man beim Lesen von Marathi eine westliche Aussprache.
Modi Alphabet
Doch man muss dazu sagen, dass es noch eine zweite Möglichkeit gibt, Marathi zu schreiben, nämlich im Modi-Alphabet. Während Balbodh eher von Menschen verwendet wird, die eine religiöse Erziehung genossen haben (v.a. Kaste der Brahmanen), benutzen einfache Angestellte und Geschäftsleute eher die Modi-Schrift.
Sie entstand um das 13. Jahrhundert herum und laut Linguisten war dies die offizielle Schrift für Marathi bis in die 1950er-Jahre. Danach gewann das Balbodh-Alphabet die Oberhand. Modi hat zwar ursprünglich auch Devanagari zur Grundlage, aber die Form der Buchstaben unterscheidet sich etwas stärker und auch die Rechtschreibung ist anders:
- Diese Schrift wird kursiv geschrieben und ist somit eine praktischere Handschrift (denn man muss den Stift nicht absetzen, sondern kann in einem Schwung schreiben).
- Sie umfasst insgesamt 45 Zeichen, davon 10 Vokale und 36 Konsonanten.
So, nun kennst Du also die wichtigsten Eckdaten der Marathi-Sprache in Indien. Viel Spaß beim Lernen!