Der Nominativus cum Infinitivo ist eine besondere Konstruktion im Lateinischen, die im Deutschen keine direkte Entsprechung hat. Und genau das macht sie so spannend. Häufig begegnet man ihr in Kombination mit Passivformen und Verben wie dicitur oder videtur.
Wer den NcI sicher erkennt und korrekt übersetzt, versteht nicht nur komplexe lateinische Sätze besser, sondern kann auch stilistisch sauber ins Deutsche übertragen. In diesem Artikel lernst du, was den NcI ausmacht, wie man ihn erkennt, übersetzt und welche typischen Fehler du vermeiden solltest.
NcI Latein: Was ist das überhaupt?
Der Nominativus cum Infinitivo, kurz NcI, ist eine Satzkonstruktion im Lateinischen. Er besteht aus einem Nominativ (Substantiv oder Pronomen), einem Infinitiv und einem passiv formulierten Kopfverb. Das kennen wir so ähnlich schon vom AcI.
Doch im Gegensatz zum AcI ist hier das Subjekt des Infinitivsatzes formell auch das Subjekt des ganzen Satzes, obwohl es inhaltlich nur zum NcI gehört. Der NcI wird im Deutschen meist mit einem dass-Satz übersetzt. Zum Beispiel:
Marcus dicitur bonus discipulus esse.
→ Es wird gesagt, dass Marcus ein guter Schüler ist.
Warum diese Konstruktion so wichtig ist? Sie kommt in vielen lateinischen Texten vor. Ganz besonders in Berichten, Erzählungen und wissenschaftlichen Texten. Wer sie erkennt, kann lateinische Sätze also sicherer analysieren und besser übersetzen. Das ist besonders wichtig für Schüler:innen, die Texte im Original lesen und richtig interpretieren wollen.
Woran erkenne ich ein NcI?
Ein NcI besteht aus einem Nominativ, einem Infinitiv und einem übergeordneten Verb im Passiv. Daran kannst du ihn gut erkennen. Wichtig: Das Subjekt des NcI steht im Nominativ und nicht im Akkusativ, wie es beim AcI der Fall ist.
Wenn also ein passives Verb vorkommt und darauf ein Nominativ sowie Infinitiv folgt, handelt es sich sehr wahrscheinlich um einen NcI. Oft ist das passivische Signalverb die passive Form eines Verbs, das im Aktiv einen AcI auslöst. In diesem Fall wird aus dem AcI automatisch ein NcI.
Achte auch auf die geschlossene Wortstellung: Alles zwischen Nominativ und Infinitiv gehört zur NcI-Konstruktion. Zudem wird das übergeordnete Verb immer persönlich verwendet und richtet sich in Person, Numerus und Genus nach dem Subjekt des NcI. Wer diese Merkmale kennt, kann einen NcI schnell erkennen und richtig übersetzen. Wie das funktioniert, erfährst du weiter unten.
Ein NcI besteht aus einem Nominativ, einem Infinitiv und einem passivischen Signalverb. Er steht oft, wenn ein Verb, das normalerweise einen AcI einleitet, im Passiv steht. Der frühere Akkusativ wird dann zum Nominativ. Alles zwischen Nominativ und Infinitiv gehört zur NcI-Konstruktion.
NcI oder AcI: So unterscheidest du sie richtig
Der Akkusativ mit Infinitiv (AcI) und der NcI sind sich auf den ersten Blick recht ähnlich. Beide Konstruktionen enthalten aber einen Infinitiv und drücken einen dass-Satz aus. Doch sie unterscheiden sich tatsächlich in einem wichtigen Punkt: der Stellung des Verbs. Der AcI folgt nämlich auf ein Verb im Aktiv, während der NcI auf ein Verb im Passiv folgt.
Wird ein aktiver AcI-Satz ins Passiv gesetzt, wird der Akkusativ des AcI zum Nominativ und so entsteht der NcI in Latein. Zudem steht beim AcI das Subjekt des eingebetteten Satzes im Akkusativ und beim NcI im Nominativ, der gleichzeitig formal auch Subjekt des Hauptsatzes ist.
In der deutschen Übersetzung bleibt diese meist verborgen, da beide Konstruktionen mit einem dass-Satz wiedergegeben werden. Wichtig: Die wörtliche Übersetzung des NcI ergibt im Deutschen meist keinen sinnvollen Satz.
Merkmal | AcI | NcI |
---|---|---|
Verbform | Aktiv | Passiv |
Subjekt im Latein | Akkusativ | Nominativ |
Funktion im Satz | Objekt | Subjekt |
Deutsche Übersetzung | dass-Satz | dass-Satz |
Diese Verben lösen den NcI aus
Ein NcI wird im Lateinischen durch bestimmte Verben im Passiv ausgelöst – sogenannte passive Kopfverben. Diese stammen meist aus dem Bereich des Sagens, Meinens oder Wahrnehmens. Nachfolgend findest du eine Liste mit einigen Typischen Passivverben, die den NcI auslösen:
- dicor = man sagt, dass
- putor = man glaubt, dass
- videor = ich scheine
- iubeor = man befiehlt mir
- vetor = man verbietet mir
- cogor = ich werde gezwungen
Sie alle haben gemeinsam, dass sie im Passiv stehen und mit einem Infinitiv verbunden sind. Das Subjekt des NcI steht dann im Nominativ und ist formal auch Subjekt des übergeordneten Verbs. So erkennst du leicht: Wenn ein Passivverb wie dicor oder videor im Satz auftaucht, kann es gut sein, dass ein NcI folgt.
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NcI Latein übersetzten – So geht's
Die Übersetzung eines NcI folgt festen Schritten, die dir helfen, den Satz korrekt zu verstehen. Zuerst identifizierst du das Passiv-Verb im Hauptsatz und übersetzt es unpersönlich, zum Beispiel mit "man sagt" oder "es wird gesagt".
Danach hängst du einen dass-Satz an. In diesem wird der Nominativ zum Subjekt, der Infinitiv zum Prädikat, und alle weiteren Satzteile werden sinnvoll eingefügt. Hier ein Beispiel:
Rex in villa vivere dicitur.
Es wird gesagt, dass der König in der Villa lebt.
In manchen Fällen, besonders bei videtur (scheint) und dicitur (es wird gesagt), kann der NcI auch mit einem deutschen NcI übersetzt werden. Das kann dann in etwa so aussehen: "Die Dörfer scheinen geplündert worden zu sein" oder "Die Dörfer sollen geplündert worden sein".
Das Ganze funktioniert aber nur, wenn die Bedeutung des lateinischen Passivs einer aktiven Konstruktion im Deutschen entspricht. In der Regel bleibst du jedoch bei einem dass-Satz. Besonders wichtig: Achte genau auf Kongruenz von Subjekt und Verb. Denn im Lateinischen steht beides im Nominativ, im Deutschen hingegen übernimmt der dass-Satz die Rolle des Subjekts.
Latein NcI in verschiedenen Zeiten: Präsens, Perfekt und Futur
Beim NcI spielt das Zeitverhältnis zwischen Hauptsatz und Infinitiv eine entscheidende Rolle für die richtige Übersetzung. Je nachdem, in welchem Tempus der Infinitiv steht, ergibt sich im Deutschen ein anderer Zeitrahmen für den dass-Satz.
- Steht der Infinitiv im Präsens, zeigt das eine gleichzeitige Handlung zur Handlung des Hauptsatzes an. Zum Beispiel: Quintus pensum facere dicitur. = Man sagt, das Quintus die Aufgabe macht.
- Steht der Infinitiv im Perfekt, ist die Handlung vorzeitig zur Handlung im Hauptsatz. Zum Beispiel: Quintus pensum fecisse dicitur. = Man sagt, dass Quintus die Aufgabe gemacht hat.
- Der Infinitiv Futur zeigt eine nachzeitige Handlung an: Quintus pensum facturus esse dicitur. = Man sagt, dass Qiuntus die Aufgabe machen wird.
Auch wenn der Hauptsatz in der Vergangenheit steht, ändert sich das Tempus im dass-Satz entsprechend: Ein Perfekt-Infinitiv, der Futur Infinitiv zeigt weiterhin eine zukünftige Handlung an. Diese Regeln entsprechen denen des AcI. Achte also immer genau auf Infinitivform und Hauptsatztempus, um das richtige Zeitverhältnis zu erfassen.
PS: Erfahre, was sich hinter dem Abl. Abs. verbirgt.
Häufige Stolperfallen beim NcI
Beim NcI passieren häufig Fehler, weil er dem AcI sehr ähnlich sieht. Eine der größten Stolperfallen ist, dass der Nominativ im NcI oft fälschlich als Subjekt des Hauptsatzes verstanden wird. Tatsächlich ist der ganze NcI ein Subjektsatz, und der Nominativ gehört inhaltlich nur zum dass-Satz. Vermeide diesen Fehler, indem du immer prüfst, ob das übergeordnete Verb im Passiv steht. Das ist ein klares Signal für einen NcI.
Ein weiterer häufiger Fehler: Der Infinitiv wird übersehen oder falsch gedeutet. Besonders wenn er aus Partizip + esse besteht. Achte also darauf, dass das Partizip im Nominativ steht und mit dem Subjekt des Infinitivs kongruent ist.
Übersetze zuerst das Passiv-Verb, dann hänge einen dass-Satz an und übersetze Nominativ + Infinitiv darin als Subjekt + Prädikat. So vermeidest du Missverständnisse und erkennst den NcI zuverlässig.