Kriege gehören zu den schlimmsten Konflikten zwischen Staaten oder Gruppen und bringen unvorstellbares Leid mit sich. Doch selbst in Kriegen gibt es Regeln, die eingehalten werden müssen. Diese Regeln sind im Kriegsrecht festgelegt, das auch als humanitäres Völkerrecht bezeichnet wird. Es zielt darauf ab, das Leid der Menschen in bewaffneten Konflikten zu begrenzen und den Schutz von Zivilpersonen, Verwundeten und Gefangenen zu gewährleisten. Außerdem legt das Kriegsrecht fest, welche Handlungen im Krieg erlaubt sind und welche verboten bleiben.
Das Kriegsrecht (humanitäres Völkerrecht) regelt das Verhalten von Staaten und bewaffneten Gruppen in bewaffneten Konflikten. Es hat das Ziel, das Leiden der Betroffenen zu mindern, die Menschenrechte von Zivilpersonen und Kriegsgefangenen zu schützen und sicherzustellen, dass Kriege nicht grenzenlos grausam geführt werden.
In der Geschichte hat sich dieses Regelwerk im Laufe der Zeit entwickelt, von den ersten Vereinbarungen in der Antike bis hin zu modernen Abkommen. Doch auch heute bleibt die Einhaltung des Kriegsrechts eine Herausforderung, besonders in Zeiten moderner Kriegsführung und neuer Technologien.
Das Recht auf Krieg: Wann sind Kriege erlaubt?
Verbotene Kriege (Angriffskriege)
Seit dem Pariser Vertrag von 1928, auch als Kellogg-Briand-Pakt bekannt, wurde das Kriegsverbot eingeführt. Damit erklärten die unterzeichnenden Staaten, dass Angriffskriege, also Kriege, die ohne vorherige Provokation gestartet werden, völkerrechtswidrig sind. Auch wenn in der Realität immer wieder Konflikte entstehen, dürfen Staaten wie Russland oder die Ukraine keine Kriege führen, um ihre politischen Ziele durchzusetzen. Ein Angriffskrieg, wie er auch im aktuellen russischen Angriff auf die Ukraine stattfindet, verstößt gegen das internationale Kriegsrecht.
Erlaubte Kriege
Es gibt jedoch Situationen, in denen ein Staat das Recht hat, sich zu verteidigen. Dies wird als Verteidigungskrieg bezeichnet und ist im Kriegsrecht erlaubt, wenn ein Land von einem anderen Staat angegriffen wird. Die Ukraine hat beispielsweise das Recht, sich gegen den russischen Angriff zu wehren, um ihre Zivilbevölkerung und ihr Territorium zu schützen. In solchen Fällen können die Streitkräfte des Landes, wie die Bundeswehr oder die ukrainischen Soldaten, militärische Maßnahmen ergreifen, um den Angriff abzuwehren und die Bevölkerung zu verteidigen.
Ein Präventivkrieg ist nur dann erlaubt, wenn ein Angriff unmittelbar bevorsteht. Diese Art von Krieg ist allerdings umstritten, da es oft schwer ist, eine klare Grenze zwischen Präventivkrieg und Angriffskrieg zu ziehen. Während einige Staaten wie Polen in der Vergangenheit Präventivmaßnahmen ergriffen haben, bleibt die Frage, wann ein solcher Krieg gerechtfertigt ist, immer wieder Gegenstand internationaler Debatten.
Regeln im Krieg: Was ist während des Krieges erlaubt?
Ziele des Kriegsrechts
Das Kriegsrecht verfolgt klare Ziele: Es soll das Leid in bewaffneten Konflikten so weit wie möglich begrenzen und die schwächsten Personen schützen. Dazu gehört der Schutz von Zivilpersonen, die nicht direkt in die Kämpfe verwickelt sind. Auch Kriegsgefangene und Verwundete müssen human behandelt werden, unabhängig von ihrer Nationalität. Diese Prinzipien gelten für alle am Konflikt beteiligten Parteien, wie zum Beispiel auch im Krieg zwischen der Ukraine und Russland.
Ein Krieg endet erst dann, wenn in den Köpfen Frieden eingezogen ist.
Nitschke
Ein weiteres Ziel des Kriegsrechts ist die Begrenzung der Gewalt. Das bedeutet, dass Angriffe nur gegen legitime militärische Ziele gerichtet sein dürfen. Es ist verboten, unverhältnismäßige Gewalt gegen die Zivilbevölkerung oder gegen zivile Objekte einzusetzen. Auch der Einsatz bestimmter Waffen, die unnötiges Leid verursachen, ist streng reglementiert.
Wichtige Abkommen
Die Grundlage des modernen Kriegsrechts bilden mehrere internationale Abkommen. Besonders bedeutend sind die Genfer Konventionen, die die Protektion von Verwundeten, Kriegsgefangenen und Zivilpersonen im Krieg regeln. Sie wurden nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs umfassend überarbeitet, um die Bevölkerung in kriegerischen Auseinandersetzungen besser zu schützen.
Neben den Genfer Konventionen sind auch die Haager Abkommen zentral. Diese legen fest, wie sich Staaten und Kombattanten während des Krieges zu verhalten haben. Sie bestimmen unter anderem, welche Mittel und Methoden der Kriegsführung verboten sind.
Regeln zur Kriegsführung und zum Verhalten von Staaten im Krieg
Verbot bestimmter Waffen (z. B. Giftgas)
Schutz von Zivilisten und zivilem Eigentum
Verbot von Plünderungen und unnötiger Zerstörung
Festlegung von Grundsätzen zur Neutralität im Krieg
Genfer Konventionen:
Schutz von Verwundeten, Kriegsgefangenen und Zivilisten in bewaffneten Konflikten
Sicherstellung der humanitären Versorgung unabhängig von Nationalität
Verbot der Misshandlung von Gefangenen und der Tötung unbewaffneter Soldaten
Garantie für den Schutz von medizinischem Personal und humanitären Organisationen (z. B. Rotes Kreuz)
Zusatzprotokolle von 1977: Erweiterter Schutz für die Zivilbevölkerung und Kombattanten in modernen Konflikten
Die Zusatzprotokolle von 1977 ergänzen diese Abkommen und geben weitere Schutzbestimmungen für die Zivil-Bevölkerung und Kombattanten vor. Diese Protokolle sind auch in modernen Konflikten, wie dem aktuellen Krieg in der Ukraine, von großer Bedeutung, um das Leid der Zivil-Bevölkerung zu verringern.
Was im Krieg verboten ist:
- Direkte Angriffe auf Zivilpersonen und zivile Objekte wie Wohngebäude, Schulen oder Krankenhäuser.
- Der Einsatz von biologischen, chemischen und nuklearen Waffen, die aufgrund ihrer unkontrollierbaren Wirkung auf Zivilisten und militärische Ziele verboten sind.
- Verwendung von blindmachenden Lasern oder Waffen, die Splitter hinterlassen, die im Körper nicht durch Röntgenstrahlen erkannt werden können.
- Gezieltes Aushungern der Zivil-Bevölkerung und bewusste Zerstörung der Umwelt als Kriegswaffe.
- Die Ankündigung, keine Überlebenden zuzulassen (z.B. "keine Gefangenen machen").
- Angriffe auf lebenswichtige Infrastrukturen wie Staudämme oder Atomkraftwerke, wenn diese nicht für direkte Militäroperationen genutzt werden.
- Plünderungen und Geiselnahmen von Zivilpersonen oder gegnerischen Soldaten.
- Vortäuschen der Kapitulation oder eines Waffenstillstands, um den Gegner zu täuschen.
- Missbrauch von Zivilpersonen als menschliche Schutzschilde oder das falsche Verwenden von Symbolen wie dem Roten Kreuz.
- Angriffe auf kampfunfähige Soldaten, sich ergebende Kämpfer oder Fallschirmspringer, die sich nicht im Kampf befinden.
Was im Krieg erlaubt ist:
- Kombattanten und sonstige Kämpfer dürfen jederzeit und überall angegriffen werden, auch wenn sie sich im Urlaub oder in ihrer Freizeit befinden.
- Angriffe auf militärische Objekte wie Panzer, Kasernen oder Verteidigungsministerien sind jederzeit erlaubt, solange es sich um legitime militärische Ziele handelt.
- Befehlshaber eines Krieges, einschließlich des Präsidenten, wenn er direkt über den Krieg entscheidet oder die militärische Befehlskette anführt, können als legitime Ziele angegriffen werden (z.B. sogenannte Enthauptungsschläge).
- Militärische Infrastruktur darf zerstört werden, sofern die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Dies betrifft Brücken, Kommunikationssysteme wie Radio- und TV-Stationen oder auch Energiewirtschaftsobjekte, die militärischen Zwecken dienen.
Die Geschichte des Kriegsrechts
Frühe Ansätze des Kriegsrechts in der Geschichte
Die Wurzeln des Kriegsrechts reichen weit zurück und lassen sich bereits in der Antike finden. Im alten Griechenland und bei den Römern gab es erste Vorschriften, die das Verhalten in bewaffneten Konflikten regelten. Einige dieser Prinzipien sind sogar in religiösen Texten festgehalten, wie zum Beispiel im 5. Buch Mose der Bibel, das Regeln zum Zivilschutz in Kriegszeiten beschreibt. Diese frühen Ansätze zielten bereits darauf ab, unnötige Grausamkeiten zu verhindern und den Krieg auf das Nötigste zu begrenzen. Auch die Römer hatten klare Vorstellungen davon, welche Handlungen im Krieg als gerecht oder ungerecht galten, und sie versuchten, das Kriegsrecht als politisches Instrument zu nutzen, um Kriege zu legitimieren oder zu verbieten.
Moderne Entwicklung des Kriegsrechts
Ein entscheidender Wendepunkt in der Entwicklung des modernen Kriegsrechts war die Schlacht von Solferino im Jahr 1859. Henry Dunant, ein Schweizer Geschäftsmann, war schockiert über das Leid der Verwundeten und Zivilpersonen, die während der Schlacht kaum medizinische Versorgung erhielten. Sein Einsatz führte zur Gründung des Roten Kreuzes im Jahr 1863 und zur Annahme der ersten Genfer Konvention im Jahr 1864. Diese Konvention legte erstmals ein Regelwerk für die Protektion von Verwundeten und Kriegsgefangenen fest, die bis heute das humanitäre Völkerrecht prägen.
Die Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907 stellten den nächsten wichtigen Schritt dar. Auf diesen Konferenzen wurden erste internationale Regeln zur Kriegsführung aufgestellt, darunter das Verbot bestimmter Waffen und das Gebot, Zivilpersonen zu schützen. Diese Abkommen waren bahnbrechend, da sie erstmals Konventionen zur Kriegsführung zwischen Staaten festlegten und somit die Grundlagen des modernen Völkerrechts schufen.
Die Entwicklung des Kriegsrechts setzte sich fort, und 1977 wurden die Zusatzprotokolle zu den Genfer Konventionen verabschiedet. Diese Protokolle verschmolzen die Genfer und Haager Abkommen und erweiterten den Schutz für Zivilpersonen und Kombattanten. Sie waren besonders wichtig in Zeiten des Kalten Krieges und der dekolonialen Kriege, in denen Zivilisten oft die Hauptleidtragenden waren.
Heutige Herausforderungen
Mit der Weiterentwicklung der Kriegsführung stehen das Kriegsrecht und das Völkerrecht vor neuen Herausforderungen. Hybridkriege, bei denen sowohl militärische als auch nicht-militärische Mittel eingesetzt werden, sowie Cyberkriege sind Beispiele für moderne Konflikte, die in den bestehenden Abkommen nicht ausreichend geregelt sind. Die Ukraine hat etwa im aktuellen Krieg gegen Russland erleben müssen, dass Cyberangriffe genauso destruktiv sein können wie herkömmliche militärische Operationen.
Ein weiteres Problem ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Kriegsführung. Autonome Waffensysteme werfen neue ethische und rechtliche Fragen auf, die bisher im Kriegsrecht nicht klar beantwortet sind.
Es fehlen moderne Abkommen, die solche neuen Technologien in bewaffneten Konflikten regulieren. Die internationale Gemeinschaft muss sich diesen Herausforderungen stellen und das Kriegsrecht entsprechend anpassen, um zukünftige Kriegsverbrechen zu verhindern und den Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten.
Was sind die Konsequenzen von Verstößen gegen das Kriegsrecht?
Verstöße gegen das Kriegsrecht werden als Kriegsverbrechen bezeichnet und ziehen schwerwiegende Konsequenzen nach sich. Diese Verbrechen umfassen unter anderem Angriffe auf Zivilpersonen, Genozide, den Einsatz verbotener Waffen und die Misshandlung von Kriegsgefangenen. Staaten wie Russland und die Ukraine stehen in der aktuellen internationalen Debatte immer wieder im Fokus, wenn es um Anschuldigungen von Kriegsverbrechen geht.
Die Vereinten Nationen (UN) und der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) sind Institutionen, die dafür sorgen, dass die Verantwortlichen für solche Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden. Präsidenten und politische Entscheidungsträger, die Kriegsverbrechen begehen oder befehlen, können vor dem IStGH angeklagt werden. Zu den Strafen gehören lange Haftstrafen für Einzelpersonen, Sanktionen gegen Staaten sowie diplomatische und wirtschaftliche Isolation.
Auch der Verlust des internationalen Ansehens kann eine weitreichende Folge sein. Staaten, die gegen das Kriegsrecht verstoßen, riskieren nicht nur rechtliche Konsequenzen, sondern auch den Rückhalt der internationalen Gemeinschaft. Daher ist die Einhaltung des Völkerrechts von zentraler Bedeutung, um das Leid der Zivilbevölkerung zu minimieren und eine friedliche Zukunft zu sichern.